Spielplatz-Realität: Warum nicht die Kinder das Problem sind – sondern wir Eltern.
Neulich war ich seit Längerem mal wieder auf einem Spielplatz. Ich war dort mit einer Freundin und unseren insgesamt vier Kindern. Die Sonne schien, es war warm, aber nicht zu warm. Dementsprechend voll war auch der Spielplatz.
Warum mich Spielplätze stressen.
Ich muss gestehen, dass mich die Vorstellung, mit meinen Kindern auf einen Spielplatz zu gehen, mittlerweile von vornherein immer schon ein bisschen stresst. Und das nicht wegen meiner Kinder – und meistens noch nicht mal wegen der anderen Kinder. Sondern wegen der anderen Eltern.
Wenn ich auf einem vollen Spielplatz bin, fühle ich mich wie in Alarmbereitschaft. Immer darauf gefasst, dass es irgendwo brenzlig wird oder eskaliert.
Wieso das so ist? Weil ich in den letzten fünfeinhalb Jahren zu viele Situationen erlebt habe, die mich an dem Verstand von erwachsenen Menschen haben zweifeln lassen.
Wenn Erwachsene alles komplizierter machen.
Es gab unzählige Situationen, in denen – vor allem mein Sohn – von anderen Eltern zurechtgewiesen, angeschrien oder sogar härter angefasst wurde.
Versteht mich hier richtig: Ich habe kein Problem damit, wenn eine andere Person meine Kinder auch mal zurechtweist. Im Gegenteil: Meistens hören sie dann sogar besser. Aber: Der Ton macht die Musik. Und auch der Grund spielt in meinen Augen eine Rolle.
"Du hättest ja ruhig mal auf die Seite gehen können".
Ein Beispiel: Mein 5-jähriger Sohn balanciert auf einem breiten Holzbalken. Ein anderes Kind – ungefähr zwei Jahre jünger – kommt ihm entgegen, an der Hand seiner Mutter. In der Mitte treffen sie sich. Mein Sohn lehnt sich zur Seite, macht Platz. Das andere Kind meckert und bewegt sich nicht. Mein Sohn versucht noch mehr Platz zu machen, ohne selbst von dem Holzbalken zu fallen.
Die Mutter hebt das Kind schließlich leicht genervt an meinem Sohn vorbei – sieht ihn eindringlich an und sagt dann:
„Du hättest ja ruhig mal auf die Seite gehen können!“
Ciao.
Unnötig. Und ungerecht.
Die Sache mit der Schaufel.
Ein weiteres Beispiel: Wir waren kurz ein Eis essen. Als wir zurückkamen, spielte ein anderes Kind mit der Lieblingsschaufel meiner Tochter. Meine Tochter ist zwei. In dem Alter wird nicht lange überlegt, sondern einfach zurückgeholt, was einem gehört.
Sie reißt dem Kind die Schaufel aus der Hand. Nicht nett, aber eine alltägliche Situation zwischen kleinen Kindern auf Spielplätzen.
Die andere Mutter reagiert sofort und energisch:
„Du musst ihm die Schaufel ja nicht gleich aus der Hand reißen!“
Stimmt. Muss sie nicht. Aber sie ist zwei. Und es ist ihre Schaufel. Und ganz ehrlich: Welche Mama kennt diese Situation nicht?
Zwischen klaren Grenzen und unnötiger Überreaktion.
Diese Situationen triggern mich.
Nicht, weil meine Kinder sich perfekt verhalten würden – ganz sicher nicht. Sondern weil ich es leid bin, dass es oft die Erwachsenen sind, die alles kompliziert machen.
Ich bin keine Mutter, die ihre Kinder einfach machen lässt. Wir haben klare Regeln und ich greife ein, wenn es brenzlig wird. Aber ich merke, wie ich immer mehr zur "Ermahnerin" werde. Wie ich immer mehr darauf bedacht bin, dass meine Kinder sich ja richtig verhalten.
Weil ich schon mitdenke, wie andere Eltern reagieren könnten. Und so will ich eigentlich nicht sein.
Was ich wirklich will – für meine Kinder und mich.
Ich finde es gut, wenn meine Kinder wissen, was sie wollen.
Ich finde es gut, wenn sie sich durchsetzen.
Ich finde es sogar gut, wenn sie mal laut sind – weil Kinder laut sind.
Aber ich finde es nicht gut, wie wir Erwachsenen oft mit ihnen umgehen. Wie viel wir erwarten. Wie schnell wir urteilen. Wie wenig Raum wir Kindern oft lassen, um Dinge selbst zu regeln.
Ich nehme mich davon nicht aus.
Oft frage ich mich, ob ich mittlerweile zu sensibel bin. Vielleicht habe ich einfach zu viele Spielplatzstunden hinter mir. Vielleicht bin ich aber auch nicht sensibler – sondern einfach klarer geworden. Darüber, was ich akzeptieren kann und was nicht.
Mehr Vertrauen, weniger Theater.
„It takes a village to raise a child.“
Und ich glaube wirklich: Das stimmt.
Aber dann braucht es ein Dorf, das sich gegenseitig stärkt – nicht eins, das sich ständig in den Rücken fällt.
Ich wünsche mir, dass wir unsere Kinder wieder mehr Kinder sein lassen. Dass wir ihnen zutrauen, selbst Lösungen zu finden. Und dass wir da sind, wenn es wirklich nötig ist – als Beschützerin, Komplizin, Trösterin oder was eben gerade gebraucht wird.
Und jetzt alle mal tief durchatmen.
Ich glaube, wir könnten uns alle ein bisschen mehr entspannen. Weniger kontrollieren, weniger bewerten, weniger reinrufen. Unsere Kinder einfach mal machen lassen. Sie streiten, spielen, durchsetzen und versöhnen lassen.
Und wenn wir gebraucht werden, sind wir da. Nicht, um zu bremsen – sondern um zu stärken.
Vielleicht brauchen wir Eltern manchmal einfach das Gleiche wie unsere Kinder: Ein bisschen mehr Vertrauen, ein bisschen weniger Drama.
Und zwischendurch einfach nur einen dieser Blicke, der sagt:
„Hey Mama, ich seh dich. Und ich versteh dich.“