Wenn kleine Menschen große Worte wählen.

Heute hat mein 5-jähriger Sohn „Arschloch“ zu mir gesagt.

Weil ein anderes Kind seine Sandburg kaputt gemacht hat – während er längst mit einer Freundin woanders gespielt hat. Nicht im Sandkasten, nicht daneben.

Für mich war die Sandburg längst Geschichte. Ich dachte, wir wären schon im nächsten Spiel angekommen.

Aber: Aus seiner Sicht war meine Aufgabe klar – ich hätte diese Sandburg mit meinem Leben beschützen müssen. Gesagt hat er das natürlich nicht. Ich hätte es einfach wissen müssen.

Die Sandburg-Eskalation.

Er kam auf einen Sprung vorbei, sah die kaputte Sandburg – und in seinem Gesicht: Entsetzen, Wut, Verzweiflung. Für ihn brach in diesem Moment die Welt zusammen – wegen einer Sandburg.

Dann schleuderte er mir die Worte entgegen: „Mama, du bist ein Arschloch.“

BÄM.

Und da stand ich. Mit einem Schimpfwort im Gesicht. Und keiner Ahnung, wie ich damit umgehen soll. Ein Moment, der mich völlig unvorbereitet traf.

Sprachlos.

Natürlich haben mein Sohn und ich schon etliche Male gestritten. Aber so etwas hatte er noch nie gesagt.
Ich habe nichts erwidert. Ich habe die Sandspielsachen gepackt und gesagt, dass wir nach Hause gehen.

Widerwillig folgte er mir – vor sich hin schimpfend und wütend. Und auch in mir brodelte es. Zu Hause angekommen schickte ich ihn auf sein Zimmer – „bis es Abendessen gibt“. Er ging ohne ein Wort.

Der innere Kampf.

Ich war verletzt. Sauer. Überfordert.
Aber irgendwann übermannte mich ein anderes Gefühl: Mitleid. Und der starke Wunsch, ihn einfach in den Arm zu nehmen.

Ich konnte spüren, dass es ihm mindestens genauso beschissen ging wie mir. Nicht nur wegen der zerstörten Sandburg – sondern weil er ganz genau wusste, dass es nicht in Ordnung war, was er gesagt hat.

Und wie so oft verspürte ich diesen Druck: Bloß das Richtige tun. Unbedingt pädagogisch sinnvoll handeln.
Wie man es eben überall liest. Oder in Reels sieht.

Aber ganz ehrlich: Das funktioniert nicht immer. Schon gar nicht dann, wenn dein Herz etwas anderes will als dein Kopf.

Herz gegen Kopf.

Mein Herz sagte: Geh zu ihm. Halte ihn.
Mein Kopf schrie: Du kannst ihm das nicht durchgehen lassen.

Als es später Abendessen gab, herrschte eine gedrückte Stimmung. Ich wartete auf eine Entschuldigung – er tat, als wäre nichts gewesen.

Und ja, in solchen Momenten denke ich oft: „Ey Laura, gerade verhältst du dich selbst wie ein kleines Kind.“
Aber ich bin keine perfekte Mama. Und bei uns werden Emotionen gelebt – auch die schwierigen.

Nähe statt Worte.

Mein Sohn suchte meine Nähe – und natürlich ließ ich ihn. Ich kann streng sein. Aber Nähe würde ich nie entziehen. Auch nicht, wenn mir ein Schimpfwort an den Kopf fliegt.

Irgendwann kletterte er auf meinen Schoß. Schaute mich an. Weinte. Und sagte, dass es ihm leid tut.

Mein Mann war mit unserer Tochter im Zimmer nebenan. Wir saßen da – beide weinend – und hielten uns einfach nur fest.

Versöhnt.

Ich habe ihm keine Standpauke gehalten.
Er hat erklärt, warum er so wütend war. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht möchte, dass er solche Worte benutzt – mir oder sonst jemandem gegenüber.

Das war’s. Keine perfekte Lösung. Kein Ratgeber-Zitat. Kein erzieherischer Idealweg.

Nicht perfekt. Aber echt.

Ob ich pädagogisch richtig gehandelt habe? Wahrscheinlich nicht.
Aber ich war da. Für meinen Sohn. Mit all meinen Fehlern und all meiner Liebe.

Und ich glaube: Genau so dürfen wir alle handeln. Mit Herz, nicht mit Perfektion.

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Stolz statt Selbstzweifel.

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