Mehr als nur Mama.
Ich wollte immer Mama sein. Schon als kleines Mädchen habe ich davon geträumt, irgendwann eigene Kinder zu haben. Und als dieser Traum dann Wirklichkeit wurde, war da plötzlich diese riesengroße bedingungslose Liebe – die einem manchmal fast das Herz sprengt.
Aber ich hätte nie gedacht, dass dieser Traum mich auch so sehr fordern würde. Dass ich so oft an meine Grenzen stoße – und das nicht nur, weil meine Kinder anstrengend sein können, sondern weil das Leben als Mama einfach oft zu viel ist.
Weil du keine Pause-Taste hast. Keine Stille-Taste. Kein „Ich mach das morgen“. Stattdessen: Kinder, die streiten, trotzen, fordern. Nächte, die kurz sind. Tage, die lang sind. Und das Gefühl, gleichzeitig alles sein zu müssen – Mama, Ehefrau, Arbeitnehmerin, Freundin, Köchin, Psychologin, Animateurin und bitte immer gut gelaunt.
Ich war auch vor dem Mama-Sein glücklich – und genug.
Bevor ich Kinder hatte, war mein Leben auch schön. Ich hatte Zeit. Ich war unabhängig. Ich hatte keinerlei Verantwortung, außer die für mich selbst. Ich habe ausgeschlafen, bin abends spontan losgezogen, habe stundenlang Serien geschaut oder gelesen. Ich war frei. Und zufrieden.
Ich war auch ohne Kinder schon ein vollständiger Mensch. Ich war genug.
Und auch wenn ich heute eine sehr glückliche Mama bin, fehlt mir dieses Leben manchmal. Nicht, weil ich meine Kinder nicht liebe – sondern weil ich manchmal mich vermisse.
Mama sein bedeutet: Immer verfügbar. Immer bereit.
Es gibt Tage, da wünsche ich mir nichts sehnlicher als eine einzige Sache: Einmal 24 Stunden nur für mich. Kein "Mamaaa!", kein Ziehen an meinem Shirt, kein "Ich will aber...". Nur Ruhe. Und Luft. Und das Gefühl, einfach wieder ICH zu sein.
Aber genau das fehlt oft. Weil das Mama-Leben keine Pausen kennt. Weil es so viel gibt, was man geben muss – jeden Tag, jede Nacht. Und manchmal einfach nichts mehr übrig bleibt.
Bin ich immer geduldig und handle pädagogisch wertvoll? Ganz sicher nicht. Reagiere ich manchmal genervt, laut, unfair? Oh ja. Und abends kommt sie dann wieder, diese Stimme im Kopf: Hättest du nicht ruhiger bleiben können? Nicht verständnisvoller sein sollen?
Ich sitze dann manchmal heulend neben meinem Mann auf der Couch und frage mich: Reicht das, was ich gebe? Oder mache ich alles falsch?
Wenn ich anderen Mamas zuhöre, bin ich voller Mitgefühl. Für mich selbst? Oft nicht.
Ich sage anderen Frauen: Du bist auch nur ein Mensch. Du gibst alles. Es ist okay, wenn du mal laut wirst. Es ist okay, wenn du nicht alles genießt.
Aber mir selbst glaube ich das selten. Ich mache mir Vorwürfe, wenn ich mich überfordert fühle. Oder wenn ich nicht verständnisvoll reagiere, weil mein Kind aus purer Wut die Schüssel mit geschnittener Wassermelone auf den Boden geworfen hat…weil ich die Melone in falsche Stückchen geschnitten habe (Mamas, ihr wisst wovon ich rede).
Dabei weiß ich doch längst: Diese Phasen gehören dazu. Und trotzdem bringen sie mich manchmal an den Rand des Wahnsinns.
Ich brauche meine Kinder – aber ich brauche auch mich.
Das Mama-Sein hat mir gezeigt, wie wertvoll mein altes Leben war – nicht, weil ich es zurück will, sondern weil ich darin noch ganz bei mir war. Und heute merke ich: Ich brauche mich selbst genauso sehr, wie ich meine Kinder brauche.
Vielleicht brauche ich mich sogar mehr. Denn nur wenn ich auf mich achte, kann ich die Mama sein, die ich sein möchte. Die nicht ständig an sich zweifelt. Die nicht abends erschöpft und leer auf dem Sofa sitzt. Die nicht alles für alle macht – und sich selbst dabei vergisst.
Ich liebe meine Kinder. Aber das heißt nicht, dass ich jeden Moment genießen muss.
Wir müssen aufhören, uns direkt schuldig zu fühlen, wenn wir ehrlich sagen: Heute hab ich keinen Bock auf Spielplatz. Heute will ich nicht basteln. Heute bin ich einfach müde.
Denn das macht uns nicht zu schlechten Müttern – sondern zu ehrlichen.
Mich triggert dieses ewige „Genieß jeden Moment“ auf Social Media oft so sehr! Ich verstehe, was dahinter steckt. Aber ich glaube, nicht jeder Moment ist dafür gemacht. Und das ist okay.
Ich freue mich, dass meine Kinder größer werden. Dass sie selbstständiger sind. Dass sie mal fünf Minuten ohne mich auskommen. Dass ich nicht mehr die ganze Zeit "unterhalten" muss. Manchmal reicht schon das, um mal kurz durchzuatmen.
Wir müssen nicht perfekt sein. Nur echt.
Ich wünsche mir, dass wir Mütter ehrlicher zueinander werden. Dass wir öfter sagen: Heute war ein Scheißtag. Heute hab ich geschrien. Heute war ich überfordert.
Denn genau das verbindet uns. Nicht das „perfekte“ Insta-Leben – sondern das echte.
Wenn du dich beim Lesen vielleicht ein bisschen verstanden fühlst, dann war dieser Text genau richtig.
Du bist nicht allein. Und ich auch nicht.
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